Was ist digitale Quartiersentwicklung?
Quartierskonzepte setzen an spezifischen lokalen Gegebenheiten und Ressourcen an und zielen auf eine partizipative Weiterentwicklung und bürgerschaftliche Mobilisierung eines sozialen Nahraums. Sie haben sich in den letzten Jahren als ein zentraler Ansatz zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen auf kommunaler Ebene etabliert.
Die digitale Transformation führt zu tiefgreifenden Veränderungen in den wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Strukturen unserer Gesellschaft. Digitalisierung verändert unser Verhalten, etwa wie wir einkaufen, Kontakte knüpfen oder arbeiten. Digitale Vernetzung im Quartier bietet hohe Potentiale für die Unterstützung sozialraumorientierter Versorgung. In Quartierskonzepten spielen digitale Angebote aber abgesehen von Informationswebsites und ggf. Online-Beteiligungsformaten bisher kaum eine Rolle. Dabei sind ein hohes Interesse und eine große Offenheit für Internetgestützte soziale Angebote wahrzunehmen. Es fehlt aber meist an klar formulierten Strategien, Wissen über mögliche und sinnvolle Nutzungsformen und entsprechenden Kompetenzen zur Umsetzung vor Ort. Aktivitäten aus Forschungs- und Modellprojekten wiederum erreichen oft nicht die erwartete Reichweite oder können sich nach Projektende häufig nicht nachhaltig etablieren.
Digitalisierung und Sozialraum
Quartiere sind schon heute als „hybride“ Sozialräume mit einer physischen und einer virtuellen (digitalen) Komponente zu verstehen. Es ist anzunehmen, dass die Bedeutung sozialraumbezogener digitaler Medien in Zukunft weiter zunehmen wird.
Sozialraumbezogene digitale Medien finden sich in unterschiedlichen Nachbarschaften. Während in urbanen Zentren häufig kommerzielle Plattformen und allgemeine soziale Medien von Bedeutung sind, finden sich im ländlichen Raum häufiger auch Angebote lokaler Initiativen. Sozialraumbezogene digitale Medien wie Nachbarschaftsportale werden z. B. von zugezogenen Menschen viel genutzt. Insgesamt profitieren Personen mit höherem Bildungsgrad und sozioökonomischem Status profitieren stärker von digitalen Medien.
Digitale Vernetzung im Quartier bietet hohe Potentiale für die Unterstützung sozialraumorientierter Versorgung. So können digitale sozialer Medien das Knüpfen neuer Bekanntschaften erleichtern und die Identifikation mit der Nachbarschaft stärken. Über digitale Vernetzungsformen können soziale Aktivitäten organisiert, Ressourcen geteilt oder Unterstützungsangebote vermittelt werden. Soziale Medien erleichtern die Identifikation von Menschen mit ähnlichen Interessen und die Bildung lokaler Interessensgruppen. Auf diese Weise können sie aber auch zu Exklusion führen, indem Bindung mit zwischen ähnlichen Personen gestärkt werden, während andere „außen vor“ bleiben.
Ein guter Überblick über die Bedeutung digitaler Medien mit lokalem Bezug für Nachbarschaften findet sich in der Studie „Wandel von Nachbarschaft in Zeiten digitaler Vernetzung. Explorationsstudie zur Wirkung digitaler Medien mit lokalem Bezug auf sozialen Zusammenhalt und lokale Teilhabe in Quartieren.“ (Schreiber & Göppert, 2018).
In der Gemeinwesenarbeit ist es daher von großer Bedeutung, digitale Angebote möglichst inklusiv zu gestalten, auch sozial benachteiligte Zielgruppen in den Blick zu nehmen und zur Nutzung digitaler Angebote zu befähigen. Zielbild ist die Digitale Souveränität der Bürge*innenr. Diese sollen in der Lage sein, digitale Technologien zum eigenen und zum Gemeinwohl kompetent zu nutzen und Implikation der Nutzung einschätzen zu können. Digitale Medien können also sowohl zur Unterstützung konkreter Aktivitäten der Quartiersarbeit dienen (wie z. B. der Aktivierung von bürgerschaftlichem Engagement in konkreten Handlungsfeldern), als auch der Unterstützung des Quartiersmanagements und der Quartiersentwicklung selbst (wie z. B. Werkzeuge zum Netzwerkmanagement oder zur digitalen Partizipation).