Institut Mensch, Technik und Teilhabe


FreiZeit

Betreuungs- und begegnungsfreie Zeiträume: Methodenplurale Erkundungen zum Erleben von Personen mit Demenz

PROJEKTBESCHREIBUNG

Personen mit Demenz verbringen den Grossteil des Tages ohne Betreuung, Begegnung und meist auch ohne Aktivität. Obwohl dies in zahlreichen Untersuchungen belegt wurde, gab es bisher keine wissenschaftliche Auseinandersetzung, wie Personen mit Demenz diese Zeiträume erleben. Um adäquate Strategien im Umgang mit den Situationen entwickeln zu können, wäre derartiges Wissen für Gesundheitsfachpersonen und Angehörige von hoher Relevanz. Ausgehend von der grundlegenden Goffmanschen Frage «Was geht hier eigentlich vor?» besteht das Ziel der Studie darin, die betreuungs- und begegnungsfreien Zeiträume der Personen mit Demenz aus Sicht der Personen selbst und aus der Perspektive der zugehörigen formell bzw. informell Pflegenden im institutionellen und häuslichen Langzeitpflegesetting in der Schweiz und in Deutschland zu rekonstruieren, eine beschreibende Darstellung der Wirkungsweisen vorzulegen sowie eine Typisierung der lebensweltlichen Zeitverständnisse zu entwickeln und zu prüfen.

Die Studie ist als eine explorative und sequentiell angelegte methodenplurale Untersuchung aufgesetzt, bei der wir die betreuungs- und begegnungsfreien Zeiträume im Projektrahmen von 36 Monaten mit ethnografischen Methoden rekonstruieren und die daraus entstehende Typologie in einem Survey überprüfen. Um unterschiedliche gesellschaftliche und pflegerische Kulturen, Praktiken und Ordnungen beschreiben zu können, werden wir die Zeiträume demenzphasenübergreifend in a) institutionellen Pflegeeinrichtungen in denen nur Personen mit Demenz leben, in denen b) Personen mit und ohne Demenz gemeinsam leben und in c) dem häuslichen Setting in der deutschsprachigen Schweiz und in Deutschland untersuchen. Pro Betreuungstypus möchten wir 10 intensive Fallbetrachtungen anstreben. Dafür werden wir teilnehmend und nichtteilnehmend beobachten, ausgewählte Situationen videografieren und situative Gespräche sowie Interviews mit Personen mit Demenz und Pflegenden führen. Das Datenmaterial werden wir gemäss der Grounded Theory Methodologie kodieren. Darüber hinaus werden ausgewählte Textpassagen einer hermeneutischen Sequenzanalyse und die Videos einer Videointeraktionsanalyse unterzogen. Um komplementäre Informationen zu der entwickelten Typologie zu erhalten, werden wir eine schriftliche Befragung von ca. 400 formellen und informellen Pflegenden durchführen. Die Erkenntnisse aus Ethnografie und Survey werden wir in einem Gesamtkonzept zu den betreuungs- und begegnungsfreien Zeiträumen der Personen mit Demenz zusammenführen. Um dem Forschungsinteresse gerecht zu werden, setzt sich unser disziplin- und länderübergreifendes Team zusammen aus Forschenden mit pflegewissenschaftlicher, gerontologischer, soziologischer, psychologischer und ethnografischer Expertise.

Das geschildertes Vorgehen ermöglicht es, Aussagen über das Wesen, die Häufigkeit und Verbreitung des Phänomens der betreuungs- und begegnungsfreien Zeiträume treffen zu können. Damit liefern wir einen Beitrag zur Sichtbarmachung der Lebenswelt von Personen mit Demenz. Unsere Forschung liefert Anknüpfungspunkte zur repräsentativen Untersuchung der betreuungs- und begegnungsfreien Zeiten, zur Entwicklung diagnostischer Instrumente sowie zur kritischen Auseinandersetzung mit Möglichkeiten der Unterbrechung dieser, wie beispielsweise durch eine handlungsleitende und zielführende Interventionsentwicklung.

PROJEKTPARTNER

  • OST – Ostschweizer Fachhochschule; Institut für Pflegewissenschaft & Institut für Altersforschung
  • Hochschule Fulda; Fachbereich Gesundheitswissenschaften
  • Psychology Geneva Aging Research Center (CIGEV) Université de Genève Faculté de psychologie et des
    sciences de l’éducation
  • Hochschule Furtwangen; Institut Mensch, Technik und Teilhabe

Ulrike Lindwedel, M.Sc.

Akademische Mitarbeiterin & Doktorandin

Fachgebiet: Pflege- und Gesundheitswissenschaften, Palliative Care

Prof. Dr. Peter König

Institutsleitung

Professor für Pflege und Rehabilitationsmanagement

Andrea Uhlmann, B.A.

Akademische Mitarbeiterin

Fachgebiet: Pflegewissenschaften

Nina Steinbach, M.Sc.

Akademische Mitarbeiterin

Fachgebiet: Gesundheitsförderung


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